Quito  3.2 Kolonialzeit
Im Zuge der Konquista wurde 1534 auch das Andenhochland des heutigen Ecuador von den Spaniern erobert. Am 6. Dezember 1534 gründete der Konquistador Sebastián de Belalcázar in den Resten des alten Quito mit 202 weiteren Spaniern die Stadt San Francisco de Quito. 1541 unternahmen Gonzalo Pizarro und Francisco de Orellana von dort aus die Zimtland-Expedition in das Amazonasbecken östlich der Anden, in deren Verlauf Orellana über den Napo den Amazonas entdeckte, während Pizarro nach Quito zurückgekehrte.
Im 16. Jahrhundert blieb Quito stets regionales Zentrum. 1563 richtete Philipp II. die Real Audiencia de Quito als oberstes Gericht für einen Bereich ein, der vom Süden des heutigen Kolumbien bis zum Norden des heutigen Peru und im Osten bis zur Mündung des Napo in den Amazonas reichte. Vorsitzender des Gerichts war der Gouverneur von Quito, der seinerseits dem Vizekönig von Peru bzw. später von Neugranada unterstand.
Die indigene Bevölkerung der Siedlungen des Umlandes wurde in Encomiendas bzw. Repartimientos zusammengefasst, ihre Dörfer blieben darin bestehen und nahmen zu; auch innerhalb der Stadt war die Ursprungsbevölkerung durch den weiter bestehenden Handelsplatz und Verpflichtungen zu Bautätigkeit und Dienstleistungen stets präsent. In den Randgebieten der Stadt lebten darüber hinaus ständig Indigene in „Reduktionen“. Mit ihrer Missionierung waren zunächst die Franziskaner beauftragt, im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts kamen mit den Dominikanern, den Mercedariern, den Augustinern und den Jesuiten weitere Orden hinzu, deren Mitglieder das gesellschaftliche Leben und deren Kirchen das Stadtbild prägten (und heute den bedeutendsten Teil des Weltkulturerbes Quitos ausmachen). Während der gesamten Kolonialzeit kontrastierte aber der urbane Charakter mit der landwirtschaftliche Prägung vieler städtischer Flächen.
In der ersten Phase der spanischen Kolonialherrschaft entstand eine duale Gesellschaft aus spanischen und spanischstämmigen Eroberern bzw. Grundbesitzern und Mönchen einerseits und indigenen Volksgruppen andererseits, die allerdings vielfach miteinander verbunden waren. Besonders die seit Beginn des 17. Jahrhunderts florierende Produktion von Wolltextilien sorgte für dauerhafte Verbindungen von Stadt und Land wie auch für ein rasches Stadtwachstum, da sie sowohl spanische Hidalgos als auch indigene Arbeitskräfte in die Stadt und ihr Umland zog.[11]
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts trat die Wirtschaft Quitos in eine langsame, sich über das gesamte Jahrhundert hinziehende und verschärfende Krise ein, die ihre wichtigste Ursache in zunehmend restriktiver Abgaben- und Handelspolitik des in finanzielle Engpässe geratenen spanischen Staates gegenüber seinen Kolonien hatte. In Quito hatte dies zur Folge, dass viele für den Export produzierende Wollwebereien geschlossen werden mussten. Die Dynamik des Stadtwachstums nahm deutlich ab und kam zum Erliegen. Ein Ausdruck der Unzufriedenheit mit der zunehmenden Abgabenlast war die Estanco-Rebellion im Jahr 1765 gegen ein neues staatliches Alkohol- und Tabakmonopol, ein Aufstand der kreolischen und später auch der indigenen Bevölkerung in den Vierteln Quitos, der aber letzlich ohne Folgen blieb.
Zwischen 1737 und 1743 besuchte die französisch-spanische Geodäsische Mission unter Leitung von Charles Marie de La Condamine Quito, um die genaue Lage des Äquators zu bestimmen und Erkenntnisse über die Form der Erde zu gewinnen. Trotz dieses auswärtigen Einflusses schottete sich Quito im 18. Jahrhundert zunehmend von neuen Ideen und internationalem Handel ab; konservative Aristokraten und die katholischen Orden dominierten das Geistesleben. Bedeutendster Kritiker jener Verhältnisse war Eugenio Espejo, der die Ideen der Aufklärung dem lateinamerikanischen Kontext anzupasste und sie zu verbreiten suchte.
Im Zusammenhang der Französischen Revolution und der Napoleonischen Kriege in Spanien kam es im August 1809 zu einer Revolution in Quito, die den spanischen Gouverneur ab- und eine Junta unter Führung von Juan Pío Montúfar einsetzte. Hintergrund der „Revolution“ war nicht der Kampf für die Ideen der Französischen Revolution, sondern eher die Furcht, die Napoleonischen Kriege könnten auch in Quito zu deren Umsetzung führten. Die führenden Köpfe der Erhebung zeigten sich der spanischen Krone treu ergeben und suchten eher Veränderungen verhindern als sie zu befördern. Allerdings sollte die einheimische Oberschicht aus Mestizen gegenüber aus Spanien entsandten Verwaltern mehr Einfluss erhalten. Der Kampf für den Einfluss der Mestizen-Oberschicht war auch wichtiger Beweggrund der folgenden Kriege um die Unabhängigkeit, die für Quito schließlich nach der gewonnenen Schlacht am Pichincha am 25. Mai 1822 eintrat.

03.06.2007 - Seiteninhalt steht unter der
GNU-Lizenz für freie Dokumentation